Personaler sind sich einig: Angesichts des ausgeprägten Fach- und Führungskräftemangels ist es zunehmend wichtig, Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden. Denn neue Mitarbeiter zu finden, gestaltet sich schwierig: Es dauert, es kostet, und zum Teil ist der Arbeitsmarkt für bestimmte Profile auch einfach leergefegt. Hier kann Talent Relationship Management eine Lösung sein. Dazu forscht die IUBH-Professorin Prof. Dr. Nicole Richter.
Das Ziel von Talent Relationship Management ist, die besonders guten und hoch motivierten Mitarbeiter eines Unternehmens zu binden. Hier gilt also nicht das „Gießkannenprinzip“, das sich an alle Mitarbeiter richtet, sondern die zielgerichtete Förderung einiger weniger.
Als Talente im Unternehmenskontext gelten die Mitarbeiter, die besonders leistungswillig und diszipliniert sind und mit Begeisterung ihren Aufgaben nachgehen. Sie verfügen über ein überdurchschnittliches Potenzial, sich weiterzuentwickeln und in der Zukunft sogar noch leistungsfähiger zu werden. Das Interesse, genau diese Mitarbeiter zu binden und damit ihre Potenziale voll auszuschöpfen, liegt auf der Hand.
Horizonte erweitern, Perspektiven aufzeigen und Netzwerke stärken
Im Rahmen des Talent Relationship Management werden Talente identifiziert und mittels einer Potenzialanalyse untersucht, welche Schulungen und Fortbildungen für ihre Entwicklung sinnvoll wären. Mit individuellem Coaching und Mentoring durch erfahrene Führungskräfte aus dem Unternehmen und der Übernahme bereichsübergreifender Projekte erweitern die Talente ihre persönlichen Horizonte und verbessern ihr Führungs- und Sozialverhalten. Als ganzheitliches Beziehungsmanagement verschafft es den Talenten eine höhere Sichtbarkeit im Unternehmen, zeigt ihnen konkrete Perspektiven auf und stärkt die Verbundenheit zum Unternehmen durch interne Netzwerke. Im Bereich Marketing könnte man ein Talent beispielsweise im Rahmen eines crossfunktionalen internationalen Projekts einsetzen, um so seine nations- und funktionsübergreifenden Netzwerke und Kompetenzen zu stärken. Durch individuelle Coachings könnte der Mitarbeiter zusätzlich gezielt darin geschult werden, mit den besonderen Herausforderungen in der Projektarbeit umzugehen. Je nach späteren Einsatzgebieten kann auch ein mehrjähriger Auslandseinsatz im Rahmen des Talent Relationship Managements sinnvoll sein.
Herausforderungen für den Mittelstand
Der Ansatz des Talent Relationship Managements kann allerdings nur dann fruchten, wenn Ressourcen und Verantwortlichkeiten klar zugeteilt, die Kommunikation professionell organisiert und gestaltet und die Führungskräfte stark eingebunden werden. Außerdem ist eine kontinuierliche betriebswirtschaftliche Erfolgskontrolle essenziell, um den Nutzen des Talent Relationship Managements auch gegenüber der Geschäftsführung jederzeit anhand messbarer Kennzahlen darstellen zu können.
Großunternehmen sind im Talent Relationship Management meist schon mit professionellen Ansätzen erfolgreich unterwegs. Viel schwerer haben es mittelständische Unternehmen, die aufgrund begrenzter Ressourcen häufig keine derart umfangreichen Programme realisieren können. Es ist eine wichtige Aufgabe für die Forschung, hier nach praktikablen Lösungen zu suchen.
Mehr zu diesem Thema finden Sie hier: Richter, N.: Talent Relationship Management, in: WISU, Heft 8-9, 2017, S. 926-930.